Die deutschsprachige Schriftstellerin Alma M. Karlin beschreibt in ihren Erinnerungen „Dann gehe ich in den grünen Wald. Meine Reise zu den Partisanen“ ihre Zeit aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Erinnerungen wurden von der slowenischen Schriftstellerin Jerneja Jezernik zusammengestellt und 2021 im Drava Verlag veröffentlicht. Die slowenische Schriftstellerin beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Nachlass von Alma M. Karlin.
Im Interview teilt Jerneja Jezernik mit, dass ihr Interesse an Alma im Jahr 1980 begann, als sie am Gymnasium in Celje Deutsch lernte. Der Name Alma M. Karlin wurde im Gymnasium nie erwähnt, weder auf Slowenisch noch auf Deutsch. Eines Tages entdeckte Jezernik in Celje eine Tafel mit einer Inschrift, die sie zutiefst berührte: Alma M. Karlin (1889-1940), Reisende und Schriftstellerin. Jerneja Jezernik war der Meinung, dass im Zentrum dieser kleinen Stadt eine großartige Person gelebt haben musste, eine Frau, die die Welt bereiste und beschrieb. Nur leider wusste niemand etwas über sie. All dies verstärkte ihren Wunsch, das Leben und die Arbeit dieser besonderen Frau zu erforschen.
Bei Ihren Recherchen zu Leben und Werk von Alma M. Karlin hat Jezernik den Wunsch, den Leser*innen Alma so nahe wie möglich zu bringen und sie zu ermutigen, einige ihrer wenig bekannten Bücher zu lesen. Außerdem entdeckt sie immer wieder etwas Neues, indem sie das Leben und Werke von Alma M. Karlin erforschte. Das letzte Mal geschah dies, als sie Karlins autobiografischen Text „Ferne Frau/Daljna ženska“ übersetzte, der die Vorgeschichte der Ereignisse enthüllt, als Alma den Anti-Nazi-Flüchtling Bonsak in den Jahren 1937 und 1938 in ihrem Haus in Celje versteckte. Sein Leben, so erfuhr Jerneja Jezernik, war wie ein James-Bond-Film und das Traurigste daran war, dass er sich seine „Opfer“ nicht ausgesucht hatte. Dies war ein Mann, der buchstäblich über Leichen ging. Bei ihren Recherchen zu dieser Geschichte stieß Jezernik unter anderem auf die Geschichte einer slowenischen Frau, die sich wegen seiner Täuschungen das Leben nahm. Zum Nachlass von Alma M. Karlin gehören auch Dutzende unveröffentlichte Manuskripte.
Darunter befand sich auch die Erinnerungen „Dann geh ich in den grünen Wald“.
Der Grund für die Veröffentlichung des Buches „Dann geh ich in den grünen Wald. Meine Reise zu den Partisanen“ war die Lektüre der slowenischen Übersetzung von Almas Manuskripten aus dem Buch „Moji izgubljeni topoli“, das der Vorkriegs- und Kriegszeit gewidmet ist. Darin sind die Ereignisse vor und während des Zweiten Weltkriegs auf ungewöhnliche Weise geschildert, nämlich aus der Perspektive einer deutschen Schriftstellerin, einer überzeugten Gegnerin der Nazis und überzeugte Antikommunistin, die beschließt, sich den Partisan*innen anzuschließen. Diese Manuskripte veranlassten die Schriftstellerin zu weiteren Recherchen und zur Veröffentlichung des deutschen Originals, dem Sie als Herausgeberin und Verlegerin den Titel „Dann geh ich in den grünen Wald. Meine Reise zu den Partisanen“ gab.
Der erste Schritt bei der Zusammenstellung der Erinnerungen war der Vergleich der deutschen Originale im Museum für moderne Geschichte in Celje mit den Materialien in der National- und Universitätsbibliothek in Ljubljana. Dabei stellte Jezernik fest, dass es in Ljubljana mehr Texte gab als in Celje, die aber thematisch verbunden waren. Zunächst wurde das Material nach eigenem Ermessen geordnet. Das deutsche Buch unterscheidet sich von der slowenischen Übersetzung durch den Umfang des Textes (die slowenische Version ist um ein Drittel kleiner) und die Reihenfolge der Kapitel, die sie im deutschen Original nach chronologischen und anderen Hinweisen zu ordnen versuchte. Das Problem war, dass selbst dieses Material nicht vollständig erhalten war. Dazwischen wurden Kapitel oder Teile von Kapiteln übersprungen. Der vollständige Text ist nicht erhalten.
Fast ein Jahr dauerte die Bearbeitung dieses Buches. Die Zeit nutzte Jezernik für das Sammeln und Bearbeiten des Materials, für die Transkription des gesamten Textes, um ihn für die Veröffentlichung vorzubereiten und für die Recherche aufgewendet. Natürlich gab es auch Schwierigkeiten. Sie bestanden hauptsächlich darin, dass Jerneja Jezernik die Identität, der in den Texten erwähnten Personen und ihre Verbindung zu Alma M. Karlin herausfinden musste. Über viele, in den Texten erwähnten, Personen konnte Sie keine Informationen finden.
Im Buch hat sie zwei Lieblingskapitel: „Ni mogoče“ und „In Srednja vas“. Das Gespräch von Alma M. Karlin mit Leskošek Luka, das so offen, mutig und wahrheitsgetreu war, hat sie sehr beeindruckt. Es gelang ihr auch herauszufinden, wo dieses Gespräch stattfand. Bei der Lektüre des Kapitels „In Srednja vas“ hatte Jerneja Jezernik die einmalige Gelegenheit mit Hans Jaklitsch zu sprechen, der ein Unterstützer der Partisan*innen war und sich an Alma als Kind erinnert.
Vor der Veröffentlichung dieser Erinnerungen waren viele Recherchen im Internet, in Archiven, in Almas Nachlass in Ljubljana und Berlin sowie in Museen erforderlich. Einige der Informationen erhielt Jezernik aus Gesprächen mit Menschen, die sich noch an ihre Begegnungen mit Alma M. erinnern konnten.
Jerneja Jezernik berichtet, dass die erste Übersetzung von Almas Erinnerungen ins Slowenische 2007 vom Museum für moderne Geschichte und „Mladinska knjiga“ veröffentlicht wurde. Das deutsche Original wurde erstmals 2021 im Drava Verlag in Klagenfurt veröffentlicht. Sie selbst hält Almas Memoiren für eine wertvolle Lektüre, die neue Perspektiven auf die Partisan*innenenzeit eröffnen. Mit der Veröffentlichung des Buches wollte Sie möglichst vielen deutschen Leser*innen einen anderen Blick auf die Zeit der Partisan*innen auf slowenischem Boden ermöglichen, nämlich aus der Sicht einer deutschen Schriftstellerin, die sowohl antinazistisch als auch antikommunistisch eingestellt war.
Jerneja Jezernik ist überzeugt, dass Alma Karlins Werk mit seiner ungewöhnlichen Perspektive und seinem Stil seine Leser finden und deren Horizont erweitern wird. „Dieses Werk ist reich an Emotionen, Ehrlichkeit und Authentizität – etwas, das uns die Geschichtsbücher nicht vermitteln können“ (Jerneja Jezernik).
Jänner 2023, Klagenfurt/Celovec