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Korrespondenzen

25. – 28.10.2012

Die Bäckerei, Dreiheiligenstraße 21a, 6020 Innsbruck

Ein interdisziplinäres Ausstellungsprojekt von Stefanie Pichler und Antonia Rahofer

 

Wie nehmen Menschen migrantischer Herkunft ihr Verhältnis zu ihrer alten Heimat bzw. der Heimat ihrer Eltern wahr? Wie stellt sich dies individuell dar? Und was bleibt von persönlichen Erlebnissen bestehen, wenn diese über die subjektive Wahrnehmung durch außenstehende Personen vermittelt werden? Diese Fragen stellten sich Antonia Rahofer und Stefanie Pichler in ihrem
 Projekt „Korrespondenzen“. Den Hintergrund der Ausstellung bildete die literarische und künstlerische Beschäftigung mit dem Nie-Ankommen von Migrationsbewegungen. Die Künstlerinnen begannen mit einer offenen Recherche, einer Materialsammlung an individuellen Geschichten, orientiert an den MigrantInnen ihres persönlichen Umfelds. Die Spurensuche provozierte daraufhin noch mehr Fragen:
 Welche Geschichten werden in Gesprächen erzählt? Was bleibt von einem Thema
bestehen, wenn durch eine dritte Perspektive vermittelt, was geht verloren? 
Im Zentrum standen dabei vor allem junge Menschen, die Ex-Jugoslawien während der Kriegsjahre als Kinder und Jugendliche verlassen hatten oder aber bereits in Österreich geboren wurden. Die Ergebnisse sowie die persönlichen Gedanken und Reflexionen zum Prozess wurden über Monate hinweg in Form eines analogen Briefwechsels festgehalten. Während die Künstlerinnen eingangs die Frage nach der adäquaten Kontaktaufnahme diskutierten, kreiste die Frage alsbald um die Legitimierung einer solchen: Darf reines Interesse ohne wissenschaftlichen Auftrag und abseits persönlicher Teilhabe an der Lebenswelt Anderer überhaupt Grund für solch ein Projekt sein?

 

Der Briefwechsel der Künstlerinnen, handgeschrieben und mit Objekten und Zeichnungen individuell ausgeschmückt, bildete den Subtext der Präsentation. Die konzeptionelle Herangehensweise an das übergeordnete Thema „Migration“ fand in der Ausstellung in interdisziplinärer Weise ihren Ausdruck: Antonia Rahofer nahm das Textkonvolut als Ausgangspunkt für eine dialogische Befragungssituation zwischen zwei Suchenden, die in Form einer Audioinstallation wiedergegeben wurden. Wie in der griechischen Tragödie dienen die beiden Figuren als moralische Instanz und begleiten beziehungsweise kontrollieren die Handlung. Der fragmentierte Austausch von Gedanken, Ideen, Fragestellungen, Erinnerungen und banalen Notizen wird zur verdichteten Form des Arbeitsprozesses und wirkt in seiner konzeptionellen Form als Erzählung ebenso wie als literarische Miniatur.

Stefanie Pichler baute mit ihren Fortune Tellers – kleine, in Origami-Technik gefaltete Papierobjekte – dichte Papiernester, die in Form eines Setzkasten-Systems an den Wänden der Bäckerei installiert waren. Zwischen den Fortune Tellers fanden sich die handschriftlichen Briefe, aber auch kleine Zeichnungen und Objekte, die den vorangegangenen Arbeitsprozess des Projekts visualisieren. Auf dem Papier der Fortune Tellers ist der Briefwechsel zwischen den beiden Künstlerinnen abgedruckt, in gefalteter Form sind nur mehr Ausschnitte davon erkennbar. „Die kurzen Begegnungen, die wir mit unterschiedlichsten Menschen hatten, waren bruchstückhaft. Die Interviewsituation kennt das davor und danach nicht. So ist es immer nur ein Ausschnitt einer Geschichte, ein Fragment einer Sicht, die wir erfahren“, sagt Pichler. Jedes einzelne Papierobjekt kann demnach als individuelles Ereignis, als individuelles Schicksal gelesen werden. Indem die Objekte miteinander verbunden sind, werden die einzelnen Geschichten zu einem kollektiven Ganzen. Die naturgemäß rückwärtsgewandte Recherche wird mit den Fortune Tellers in die Zukunft verlegt: Wie werden die persönlichen Geschichten weitergehen?

 

Der zur Ausstellung erschienene Katalog dokumentiert diesen Briefwechsel und beinhaltet zudem einen kunsthistorischen Beitrag von Barbara Pflanzner.

 

 

Zur Ausstellungseröffnung sprach Simon Welebil.

 

Mejra Nozinović, Mirela Avdibasić und Sanela Meskić verwöhnten mit bosnischen Spezialitäten.

 

Edo und Dina Krilić 
sorgten für die musikalische Umrahmung.

 

Link zur Ankündigung auf der Bäckerei-Website

Link Stefanie Pichler

 


Katalog

Korrespondenzen.pdf
Adobe Acrobat Dokument 7.8 MB

Gestaltung und Layout: Theresa Pichler

 

 

Bildergalerie